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© Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie | Die kleinen Algen bilden dunkle Flecken auf dem Eis (© Laura Halbach)

Wi­der­stands­fä­hi­ge Al­gen könn­ten Grön­lands Eis schnel­ler schmel­zen las­sen

Die klei­nen Eis­be­woh­ner ver­dun­keln das Eis und kön­nen so das Ab­schmel­zen der Glet­scher be­schleu­ni­gen.

Winzige Algen verdunkeln die Oberfläche der Gletscher und beschleunigen so deren Abschmelzen – beispielsweise auf dem Grönländischen Eisschild, das eine wichtige Rolle für unser Klima spielt und wegen dessen Erwärmung ohnehin schon immer schneller abschmilzt. Nun zeigt eine Studie des Bremer Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie und der Universität Aarhus, dass die Eisalgen äußerst effizient wachsen, obwohl ihnen auf dem Eis kaum Nährstoffe zur Verfügung stehen.

Glet­scher sind rie­si­ge wei­ße Flä­chen, die viel Son­nen­licht re­flek­tie­ren kön­nen. Ins­be­son­de­re da, wo kein Schnee die Glet­scher be­deckt und das blan­ke Eis frei­liegt, ha­ben sie aber manch­mal dunk­le Fle­cken. Da­bei han­delt es sich um mi­kro­sko­pisch klei­ne Al­gen, die auf dem Eis wach­sen und sei­ne Ober­flä­che ver­dun­keln. Durch die­se Ver­dun­ke­lung be­wir­ken die win­zi­gen Be­woh­ner, dass das Eis sich er­wärmt und schnel­ler schmilzt.

Rät­sel­haf­tes Al­gen­wachs­tum

Unter dem Mikroskop ist ihre dunkle Färbung gut zu erkennen (rechts, Abbildung aus der Publikation in Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-025-56664-6)

Wo­her die klei­nen Al­gen die Nähr­stof­fe neh­men, um in die­ser le­bens­feind­li­chen Um­welt zu über­le­ben, ist kaum be­kannt. Ein For­schungs­team um Lau­ra Hal­bach, Ka­tha­ri­na Kit­zin­ger und Alex­and­re Ane­sio vom Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie in Bre­men und der dä­ni­schen Uni­ver­si­tät Aar­hus sind die­ser Fra­ge auf dem Grön­län­di­schen Eis­schild nach­ge­gan­gen. Sie stell­ten fest, dass die Al­gen auf dem Glet­scher­eis wah­re Meis­ter der Nähr­stoff­auf­nah­me sind. „Ich woll­te ver­ste­hen, wie es in Grön­land zu sol­chen Al­gen­blü­ten kom­men kann“, er­klärt Er­st­au­to­rin Lau­ra Hal­bach vom Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie. Mit neu­en Me­tho­den konn­te Hal­bach als ers­te For­sche­rin über­haupt mes­sen, wie die Al­gen Nähr­stof­fe auf­neh­men und spei­chern. „Die Al­gen kön­nen trotz der nur spär­lich vor­han­de­nen Nähr­stof­fe wach­sen und so das Eis be­sie­deln“, so Hal­bach. „An der West­küs­te Grön­lands wird schon heu­te etwa ein Zehn­tel der Eis­schmel­ze durch die mi­kro­sko­pisch klei­nen Be­woh­ner ver­ur­sacht. Zum Teil ver­dun­keln sie die Glet­scher­ober­flä­che so stark, dass dies so­gar auf Sa­tel­li­ten­auf­nah­men zu se­hen ist. An­ge­sichts des­sen, dass das Kli­ma im­mer wär­mer wird und auf dem Grön­län­di­schen Eis­schild im­mer mehr schnee­freie Be­rei­che und so­mit im­mer mehr po­ten­zi­el­ler Le­bens­raum für die Al­gen ent­ste­hen, ist de­ren Fä­hig­keit der ef­fi­zi­en­ten Nähr­stoff­auf­nah­me und -spei­che­rung be­son­ders be­deut­sam.“

Ef­fi­zi­en­te Nähr­stoff­nut­zung von glo­ba­ler Be­deu­tung

Der Grön­län­di­sche Eis­schild spielt eine wich­ti­ge Rol­le für un­ser Kli­ma. Sein Ab­schmel­zen trägt er­heb­lich zum glo­ba­len Mee­res­spie­gel­an­stieg bei, da da­durch gro­ße Men­gen an Süß­was­ser in die Ozea­ne ge­lan­gen. Durch die Kli­ma­er­wär­mung ver­schwin­det der Schnee von im­mer mehr Glet­scher­flä­chen und das Eis wird frei­ge­legt. So ent­ste­hen neue Flä­chen, die von Eisal­gen be­sie­delt wer­den kön­nen, was wie­der­um die Schmel­ze be­schleu­nigt – ein Kreis­lauf, der drin­gend ge­nau­er ver­stan­den wer­den muss. Hier bringt uns die nun vor­lie­gen­de Stu­die ei­nen gro­ßen Schritt vor­an: „Bis­her gab es kei­ne Mes­sun­gen, wie sich die Eisal­gen mit Nähr­stof­fen ver­sor­gen“, sagt Hal­bach. „Die­se Lü­cke schlie­ßen wir nun mit ei­ner be­son­ders prä­zi­sen Me­tho­de, mit der wir die Nähr­stoff­auf­nah­me und -spei­che­rung ein­zel­ner Zel­len mes­sen kön­nen. Un­se­re Er­geb­nis­se zei­gen, dass das die Al­gen schnell wach­sen kön­nen, ob­wohl vor Ort kaum Nähr­stof­fe vor­han­den sind. Statt­des­sen kön­nen sie an­or­ga­ni­schen Stick­stoff ef­fi­zi­ent auf­neh­men und Phos­phor gut spei­chern.“

Wenn die­se Eisal­gen also nicht an­ders de­zi­miert wer­den, bei­spiels­wei­se durch pa­ra­si­ti­sche Pil­ze oder ei­nen Man­gel an Spu­ren­ele­men­ten, wür­de ih­rem Wachs­tum we­nig im Wege ste­hen. Sie könn­ten auf frei­ge­leg­ten Eis­flä­chen wach­sen und so die Eis­schmel­ze ver­stär­ken – eine mög­li­che po­si­ti­ve Rück­kopp­lung mit der Kli­ma­er­wär­mung.

Die Er­geb­nis­se der For­schen­den rund um Lau­ra Hal­bach sind nicht nur fas­zi­nie­rend, son­dern auch wich­tig. Mit ih­rer Hil­fe lässt sich bes­ser vor­her­sa­gen, wie die dunk­len Al­gen zum Ab­schmel­zen des Grön­län­di­schen Eis­schilds bei­tra­gen. Be­rech­nun­gen der jähr­li­chen Eis­schmel­ze flie­ßen in heu­ti­ge Kli­ma­mo­del­le ein. Mit den neu­en Er­kennt­nis­sen kön­nen die Mo­del­le die Eis­schmel­ze in den kom­men­den Jah­ren noch ge­nau­er vor­her­sa­gen ­– und da­mit auch de­ren Aus­wir­kun­gen auf das glo­ba­le Kli­ma.

Die neu­en Er­kennt­nis­se könn­ten ge­nutzt wer­den, die Al­gen bes­ser in Mo­del­le zur Vor­her­sa­ge der Eis­schmel­ze ein­zu­bin­den – und da­mit auch de­ren Aus­wir­kun­gen auf das glo­ba­le Kli­ma bes­ser dar­zu­stel­len.

Quelle

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie 2025

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