Der Aufstieg der Großspeicher
Wachstumstreiber im Speichermarkt und unverzichtbare Säule der Energiewende.
Die Energiewende hat einen entscheidenden Punkt erreicht. Mit dem stetigen Wachstum der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen steigt der Bedarf an effektiven Lösungen zur Netzstabilisierung. Großbatteriespeicher spielen dabei eine Schlüsselrolle – sie sind nicht nur die Antwort auf die Herausforderungen der Netzintegration, sondern auch zentraler Treiber hinter dem enormen Wachstum des Speichermarktes. Der europäische Markt wird in den kommenden Jahren um 30 bis 40 Prozent jährlich wachsen, getrieben von der rasanten Zunahme an Großspeichern – das zeigt eine aktuelle Analyse des europäischen Branchenverbandes SolarPower Europe.
Diese Technologien sind essenziell, um eine flexible, bedarfsgerechte und erneuerbare Energieversorgung 24/7 zu gewährleisten. Großspeicher stehen daher im Fokus, wenn sich die Macher und Visionäre der Speicherbranche mit Entscheidungsträgern und Stakeholdern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vom 7. bis zum 9. Mai 2025 bei der ees Europe, Europas größter und internationalster Fachmesse für Batterien und Energiespeichersysteme, treffen, austauschen und vernetzen. Die ees Europe ist ein Teil von The smarter E Europe, Europas größter Messeallianz für die Energiewirtschaft. Insgesamt erwarten die Veranstalter mehr als 3.000 Aussteller und über 110.000 Besucher aus aller Welt in München.
Ein Blick auf Deutschland illustriert exemplarisch die enorme Dynamik. Anfang 2023 waren laut der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Frontier Economics rund 1,4 Gigawattstunden (GWh) Großbatteriespeicher in Deutschland installiert. Im neuesten Netzentwicklungsplan (NEP) geht man von einem Anstieg der installierten Kapazität von Großbatteriespeichern auf 61 GWh bis zum Jahr 2027 und auf 136 GWh bis zum Zieljahr 2045 aus. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE bestätigt diese Entwicklung mit einer Prognose von 104 GWh bis 2030 und 178 GWh bis 2040. Zum Jahreswechsel 2024/25 lagen allein bei den vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland 650 Anschlussanfragen für Batteriespeicher mit insgesamt rund 226 Gigawatt Kapazität vor. Auch wenn bei weitem nicht alle dieser angemeldeten Vorhaben realisiert werden dürften, verdeutlicht das den rapiden Ausbau und die wachsende Bedeutung von Großbatteriespeichern für die zukünftige Energiewende in Deutschland.
Preisverfall und schnelle Amortisation
Im Wesentlichen wird der Großspeicherboom von zwei Faktoren getrieben: Zum einen sinken die Errichtungs- und Betriebskosten erheblich, vor allem weil die Preise für Batterien kontinuierlich und spürbar zurückgehen. Zum anderen bieten kommerziell betriebene Großspeicher attraktive Verdienstmöglichkeiten im Markt für Regelenergie sowie im Intra-Day- und Day-Ahead-Stromhandel. Leonhard Probst vom Fraunhofer ISE hält eine Amortisationszeit von drei Jahren für realistisch. Bei einer angenommenen Lebensdauer der Batterien von 15 Jahren verblieben also zwölf Jahre Zeit, beachtliche Überschüsse zu erwirtschaften.
Branchenverband mahnt Regulatorik an
SolarPower Europe erwartet, dass sich in Europa in immer größerem Maße große Batteriespeicher durchsetzen, die Strom länger speichern können als heutige Anlagen. Das hätte nach einem Bericht des Branchenverbandes einen deutlichen Anstieg der Kapazitätsdauer von heute rund 1,5 Stunden auf vier bis acht Stunden zur Folge. Gleichzeitig wies der Vizepräsident von SolarPower Europe, Dries Acke, auf Hürden hin, die den Boom derzeit noch hemmen, etwa Restriktionen für mit Solar- und Windparks verbundene Speicher und unterschiedliche technische Normen und Standards in verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU. Ein wesentlicher Fortschritt war bereits in Deutschland zu verzeichnen: Großspeicher, die bis 2029 ans Netz gehen, sind für 20 Jahre von den Netzentgelten für den Strombezug befreit, sie zahlen also nicht mehr doppelte Entgelte für den ein- und ausgespeisten Strom.
Integration und Flexibilität
Großspeicher bieten die entscheidende Lösung, um die steigenden, erneuerbaren Stromflüsse effizient ins Netz zu integrieren. Durch eine Speicherung im großen Stil kann der volatil und dezentral erzeugte Strom aus Sonne und Wind genau dann verfügbar sein, wenn er gebraucht wird. Großspeicheranlagen sind dabei sowohl netz- als auch systemdienlich einsetzbar. Durch ihren Einsatz können Erzeuger wie Verbraucher unmittelbar und mittelbar profitieren, etwa durch insgesamt sinkende Großhandelspreise für Strom und zusätzliche Flexibilitäten im Stromhandel. Allein für Deutschland beziffert Frontier Economics den volkswirtschaftlichen Nutzen nur aus dem Day-Ahead-Trade auf mindestens 12 Milliarden Euro bis 2050. Im Wesentlichen kommt dieser durch die Einsparung von Brennstoffen und den damit verbundenen CO2-Emissionen zustande.
Netzbooster entlasten das Stromnetz
Um die Netze fit zu machen für das Energiesystem von morgen setzen Übertragungsnetzbetreiber zudem auf so genannte Netzbooster. In technischer Hinsicht sind diese Anlagen nichts anderes als Batteriegroßspeicher – den Unterschied macht ihr Betrieb. Sie werden ausschließlich netzdienlich eingesetzt. Ein gutes Beispeiel geben zwei Projekte von Tennet: Ein Großspeicher in Norddeutschland soll die zeitweise Überproduktion von Windstrom aufnehmen, während sein Gegenstück im Süden gleichzeitig Strom ins Netz einspeist. In Summe übernehmen also zwei Batteriespeicher die Funktion einer hunderte Kilometer langen Übertragungstrasse – die auf diese Weise eingesparten Baukosten sind immens.
ees Forum & ees Europe Conference: Großspeicher im Fokus
Am Nachmittag des ersten Messetages erwartet die Besucher im ees Forum in Halle C2 (Stand C2.230) eine aufschlussreiche Session zu vielversprechenden Geschäftsmodellen und Einsatzmöglichen von Großspeichern. Währenddessen stellen zahlreiche Aussteller in den Messehallen passend dazu ihre neuesten Lösungen und Produkte vor. Begleitend zur Fachmesse findet am 6. und 7. Mai 2025 die ees Europe Conference im International Congress Center Messe München statt. In verschiedenen hochkarätig besetzten Sessions werden sich Fachleute und Entscheider mit verschiedenen Aspekten der Großspeichertechnologie befassen. Am ersten Tag geht es um die Frage nach regulatorischen Handlungsbedarfen, um die vollen Flexibilisierungspotenziale von Großspeichern zu nutzen. Parallel dazu beleuchtet eine Podiumsdiskussion das Spannungsfeld zwischen Investorenpräferenzen und Projektentwicklung. In einer dritten Session zeichnen die Teilnehmer das große Bild und geben einen Überblick über die aktuellen Zukunftstrends, Marktentwicklungen und relevante Anwendungsmöglichkeiten. Am zweiten Konferenztag geht es in zwei Sessions um die wesentlichen Qualitätsmerkmale von Großspeichersystemen und die attraktiven Geschäftsperspektiven, die sie eröffnen können.
Die ees Europe sowie die Parallelveranstaltungen Intersolar Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe finden vom 7. bis 9. Mai 2025 im Rahmen von The smarter E Europe, Europas größter Messeallianz für die Energiewirtschaft, auf der Messe München statt.