Autoindustrie: Helft den Autokonzernen!
VW und Co sind in einer schweren Krise. Der Staat muss sie unterstützen, aber mit den richtigen Mitteln. Ein Nachbarland hat es vorgemacht. Ein Kommentar von Joachim Wille
Die Autoindustrie steckt in einer schweren Krise. Niemand kann das kaltlassen, denn es handelt sich um die Schlüsselbranche des Industriestandorts Deutschland.
An nicht weniger als 22 Produktionsstätten hierzulande werden Komplettfahrzeuge hergestellt, von Bremen bis München, von Rüsselsheim bis Zwickau. Hinzu kommen Werke für Komponenten, Fabriken für Nutzfahrzeuge und zahlreiche Standorte von Zulieferern.
Die Kerndaten sprechen für sich: 4,1 Millionen gebaute Autos 2023, über 560 Milliarden Euro Umsatz – mehr als der Bundeshaushalt – und knapp 780.000 Beschäftigte mit vergleichsweise guter Bezahlung. Kein Wunder, dass die Politik aufgeschreckt ist, vor allem, seit die VW-Spitze sogar Werksschließungen angekündigt hat.
Die Produktionszahlen der Branche 2023 lagen trotz des Aufschwungs nach Corona eine halbe Million unter dem Niveau des Vor-Pandemie-Jahres 2019, und 2024 sind sie noch einmal deutlich nach unten gegangen. Im dritten Quartal verzeichneten die Autokonzerne Einbrüche zwischen 13 Prozent (Mercedes) und 30 Prozent (BMW).
Fossil und hochpreisig in die Krise
Die Hauptursachen: Die deutschen Autobauer haben den Trend zur E‑Mobilität verschlafen, während sie den Diesel mit teils kriminellen Machenschaften pflegten, sie bieten vor allem kaum preiswerte Stromer an, und sie produzieren im Vergleich mit der Konkurrenz zu teuer.
Es ist absehbar: Die Politik wird angesichts der Gefahr für die internationale Konkurrenzfähigkeit der Branche und die Jobs kaum umhinkommen, die Autobauer zu unterstützen, obwohl sie immer noch, wenn auch schrumpfende Milliardengewinne einfahren.
Allerdings: Eine allgemeine Abwrackprämie zur Verkaufsförderung wie nach der Finanzkrise 2009 verbietet sich. Sie würde ein Strohfeuer erzeugen, das den Absatz der angesichts der Klimaziele nicht zukunftsfähigen Verbrenner stützt und den Technologieabstand bei E‑Autos noch vergrößert, der gegenüber dem US-Autobauer Tesla und den chinesischen Herstellern wie BYD besteht.
Auf Verbrenner zu setzen, während die internationale Konkurrenz Batterien der nächsten Generation mit 1.000 Kilometern Reichweite und superschnellem Laden entwickelt, wäre, wie den Heizer auf der E‑Lok zu bezahlen.
Auch ein Abschaffen des Verbrenner-Verbots für Neuwagen ab 2035, gefordert von Union, FDP, AfD und BSW, wäre deswegen das falsche Signal. Die bis dahin verkauften Benziner und Diesel haben Nutzungsdauern bis in die 2050er Jahre. Die Hoffnung, es werde schon bald ausreichend bezahlbaren synthetischen Ökosprit geben, um sie klimaneutral zu fahren, ist gleich null.
E-Autos fördern, aber wie in Frankreich
Die künftige Bundesregierung muss daher möglichst schnell den Fehler der Ampel korrigieren, die mit der Hauruck-Abschaffung der E‑Auto-Prämie vor einem Jahr die Krise auf dem Heimatmarkt zusätzlich verschärft hat. Der Hochlauf der E‑Mobilität, der sich gut entwickelt hatte, wurde damals jäh gebremst.
Eine Wiedereinführung der Prämie, wie jüngst unter anderem von CSU-Chef Markus Söder gefordert, ist übergangsweise gerechtfertigt.
Allerdings sollte sie so gestaltet werden, dass sie vor allem kleinere, sparsame E‑Autos bis 40.000 Euro günstiger macht und auch eine soziale Komponente enthält, etwa wie in Frankreich, wo dafür ein staatlich subventioniertes „Social Leasing“ eingeführt wurde. Zudem braucht es einen Turbo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur.
Trotzdem bleibt eine Erkenntnis: Es ist unwahrscheinlich, dass die deutschen Hersteller auf dem heute global viel stärker umkämpften Automarkt zur alten Dominanz zurückkehren können. Die Branche wird wichtig bleiben, aber schrumpfen.
Damit rächt sich im Industriesektor, dass die Merkel-Regierungen seit 2005 genauso wie die Ampel die Chance zur Diversifizierung verpassten, indem sie die dauerhafte Etablierung der bis dahin weltweit führenden Solarindustrie sabotierten.
China hingegen hat sie ergriffen, genauso wie bei der E‑Mobilität. Und der Standort „D“ hat das Nachsehen.
Quelle
Der Kommentar wurde von der Redaktion „klimareporter.de“ (Joachim Wille) 2025 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung (post@klimareporter.de) weiterverbreitet werden!