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bigstock | Kodda | Die Energiewirtschaft soll selbst entscheiden, wie sie künftig mit der Kohle umgeht.

© bigstock | Kodda | Die Energiewirtschaft soll selbst entscheiden, wie sie künftig mit der Kohle umgeht.

Gabriel will RWE, Eon und Co. weiterhin nicht zum Kohleausstieg zwingen

Der Bundeswirtschaftsminister betont dennoch, dass er an den deutschen Klimaschutzzielen festhalten will – also 40 Prozent CO2 bis 2020 gegenüber 1990 einzusparen.

Ein Teil davon soll die Energiewirtschaft beitragen. Sie soll bis 2020 rund 22 Millionen Tonnen CO2 emittieren. Es soll aber den Konzernen überlassen werden, wie sie das erreichen. Zugleich sprach sich Gabriel energisch gegen die Schaffung von Kapazitätsmärkten aus.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wird in der kommenden Woche offiziell seinen Klimaschutzplan vorlegen. Bereits am Montag äußerte er sich aber dazu. So hält er weiterhin am Ziel der Bundesregierung fest, dass bis 2020 die CO2-Emissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden sollen. Dieses Ziel könnte ohne zusätzliche Anstrengungen verfehlt werden. Dennoch will Gabriel die Energieriesen nicht zwingen, Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen oder aus der Braunkohle auszusteigen, sondern setzt auf deren Freiwilligkeit. Die Energiewirtschaft solle bis 2020 zusätzlich 22 Millionen Tonnen CO2 einsparen, sagte der Minister in einem Statement. Derzeit emittiere die Energiewirtschaft weit mehr als 300 Millionen Tonnen. „Von daher sei es ein sehr kleiner Eingriff“, sagte Gabriel. Die Konzerne sollten auf ökonomischer Grundlage selbst entscheiden, wie sie die Einsparungen von 22 Millionen Tonnen CO2 erreichten. Gabriel wolle aber einen konkreten Vorschlag vorlegen, wie dies erreicht werden könnte. Wenn si
ch die Energiewirtschaft darauf einlasse, wolle er auf zusätzliche Maßnahmen beim Klimaschutz bis 2020 im Strommarkt verzichten.

Am Montag hatte es ein Gespräch zwischen Gabriel und der Energiewirtschaft gegeben. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) betonte weitere Gesprächsbereitschaft, warnte aber auch vor den Folgen. BDEW und VKU seien bereit, „an einem klimafreundlichen Umbau des Kraftwerksparks, der auf wettbewerblichen Maßnahmen basiert, mitzuwirken“. BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller warnte aber zugleich vor steigenden Strompreisen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zog eine Studie zu möglichen Stilllegungen von Kohlekraftwerken aus dem Hut. „Unsere Studie belegt eindeutig: Kraftwerksstilllegungen schädigen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie ganz unmittelbar, ohne Nutzen für das Klima. Denn der CO2-Ausstoß würde insgesamt nicht verringert, sondern nur verlagert“, erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber. Die Studie von r2b energy consulting und dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) zeige, dass durch die Stilllegungen bis zu 74.000 Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen könnten und ein Anstieg des Strompreises auf 10 Euro pro Megawattstunde bis 2020 zu befürchten sei. Das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) in Berlin hatte in der vergangenen Woche wiederum eine Studie vorgelegt, wonach sich die Abschaltung von Kohlekraftwerken kaum auf den Preis auswirken wird.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) sieht Gabriel „auf dem richtigen Weg“. Der Verband wies auch Befürchtungen vor steigenden Strompreisen zurück. „Durch eine Abschaltung der schmutzigsten Kohlekraftwerke würden die seit Jahren fallenden Börsenstrompreise stabilisiert, was zu einer Senkung der EEG-Umlage für Ökostrom beitragen würde. Unter dem Strich würden die Kunden voraussichtlich nicht mehr bezahlen“, hieß es beim BEE. Bei Greenpeace sieht man in Gabriels Vorstoß eher ein „Klimaschutz-Placebo“. „Mit lediglich 22 Millionen Tonnen angestrebter CO2-Minderung schont Gabriel einmal mehr die Kohleindustrie. Wäre es dem früheren Umweltminister Gabriel ernst mit dem Klimaschutz, hätte er doppelt so hohe Einsparungen durchsetzen müssen“, erklärte Greenpeace-Klimaexperte Karsten Schmid.

Der Bundeswirtschaftsminister sprach sich zugleich energisch gegen die Einführung von Kapazitätsmärkten aus, wie sie immer wieder von der Energiewirtschaft gefordert würden. Damit spielte er unter anderem auf den BDEW an. „Dies ist der falsche Weg“, sagte Gabriel. Die entsprechenden „Pläne der Verbandslobbyisten“ wolle er nicht weiterverfolgen. Die Schaffung von Kapazitätsmärkten würde nur zu zusätzlichen Kosten für die Stromkunden führen, die nicht nötig seien. Der BEE begrüßte diese Klarstellung des Ministers. „In Deutschland und Europa haben wir hohe Überkapazitäten. Deren Abbau sollte dazu genutzt werden, eine Kapazitätsreserve wie die vom BEE mitentwickelte Strategische Reserve für die Zukunft aufzubauen. In Verbindung mit einem weiterentwickelten, flexibleren Strommarkt lässt sich so die Versorgungssicherheit kostengünstig gewährleisten. Damit hat sich auch die Diskussion um die milliardenteuren Kapazitätsmärkte erledigt, die von Teilen der konventionellen Energiewirtschaft immer noch gefordert werden“, sagte BEE-Geschäftsführer Hermann Falk.

Quelle

pv magazine | Sandra Enkhardt 2014

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